Jüdische Geschichte in Bayern - Informationen, Materialien, digitale Angebote
Jüdische Museen in Bayern
In Bayern gibt es einige jüdische Museen, die unterschiedliche Facetten jüdischen Lebens in Geschichte und Gegenwart im Rahmen von Dauer- und Sonderaustellungen aufgreifen. Außerdem verantworten sie ein umfassendes Veranstaltungsprogramm, das von Vorträgen über Podiumsdiskussionen bis hin zu künstlerischen Installationen oder Interventionen reicht:
- Jüdisches Museum Augsburg Schwaben in der Augsburger Innenstadt und im Stadtteil Kriegshaber
- Jüdisches Museum Franken in Fürth, ebenso zahlreiche Museen und Gedenkstätten des Netzwerks Jüdisches Franken
- Erinnerungsort BADEHAUS in Waldram bei Wolfratshausen: Aus der 1940 errichteten nationalsozialistischen Mustersiedlung für Rüstungsarbeiter wurde nach dem Krieg ein Lager für jüdische Displaced Persons, Überlebende der Shoa. Ab 1956 kamen Heimatvertriebene in diesen Ort, der in Waldram umbenannt wurde. Der Erinnerungsort BADEHAUS greift diese Geschichte Föhrenwalds/Waldrams und seiner Bewohner auf und eignet sich somit auf vielfache Weise als außerschulischer Lernort.
- In Buttenheim befindet sich im Geburtshaus von Levi Strauss ein Museum, das auf das Leben und die Zeit des Erfinders der Blue Jeans, der aus einer jüdischen Hausiererfamilie stammte, eingeht.
- Im Fränkische Schweiz Museum in Tüchersfeld informiert ein Teil der Dauerausstellung über Religion und Leben der jüdischen Gemeinde, die im Gebäudeensemble des Museums lebte. Auch die Synagoge der Gemeinde aus dem Jahr 1763 ist Teil des Museums.
Regensburg und seine jüdische Gemeinde im Mittelalter - eine digitale Ausstellung
Die jüdische Gemeinde im mittelalterlichen Regensburg gehörte ohne Zweifel zu den bedeutendsten Gemeinden ihrer Zeit. Im Rahmen einer digitalen Ausstellung auf Bavarikon wird die Geschichte dieser Gemeinde erzählt, die über fünfhundert Jahre lang die Stadtgeschichte Regensburg prägte. Die Beziehungen zwischen der jüdischen und christlichen Bevölkerung Regensburg waren dabei vielfältig: Man begegnete sich als Bürger, im Handel, im Alltag und in der Nachbarschaft. All das greift die Ausstellung mit rund 60 Digitalisaten auf, sie erklärt und kontextualisiert die Dokumente und trägt auf diese Weise dazu bei, ein differenziertes Bild der jüdischen Geschichte Bayerns im Mittelalter vermitteln zu können. Nähere Informationen enthält auch der
Common Places, Common Times: Eine interaktive Karte zur jüdischen Geschichte in Bayern und Deutschland
Die Vielfalt deutsch-jüdischer Geschichte steht im Mittelpunkt des Projekts "Common Places, Common Times", das am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU unter Leitung von Julia Treindl entstanden ist: Studierende haben eine interaktive Karte gestaltet, deren Einträge auf Persönlichkeiten, Gegenstände, Ereignisse und Orte jüdischer Geschichte in Bayern und Deutschland verweisen. So werden u. a. das mittelalterliche Frankfurter Judenviertel, das Wirtshaus als jüdisch-christlicher Begegungraum in der Frühen Neuzeit sowie die Münchenr Antiquitätendynastie Bernheimer vorgestellt.
Besonders geeignet für den Unterricht in der Regel ab der neunten Jahrgangsstufe ist die interaktive Karte aufgrund ihrer Struktur: Jeder Karteneintrag besteht aus einem Informationstext, einem Interview mit Wissenschaftler*innen oder Zeitzeug*innen, das etwa 20 Minuten dauert, einem Quiz und Diskussionsfragen. Die eingehende Beschäftigung mit einem einzelnen Eintrag füllt etwa eine 45-minütige Schulstunde.
Die Erstellung der Karte wurde vom Verein 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland e.V. sowie vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat gefördert. Die Karte soll in den kommenden Jahren sukzessive erweitert werden.
Straße in Bayern - Ein Projekt zum jüdischen Leben in Bayern vor 1933
Insgesamt 38 Biografien jüdischer Bayerinnen und Bayern stellt das Projekt "Straße in Bayern" zur Verfügung: Sie eignen sich für Workshops ebenso wie für Ausstellungen an der Schule, für die Auseinandersetzung im Unterricht ebenso wie für Podcasts von Schülerinnen und Schülern. Die Biografien bayerischer Jüdinnen und Juden sind sowohl als Audio-Datei als auch in Textform abrufbar, didaktisches Begleitmaterial und ein Flyer zum Projekt finden sich ebenfalls auf der Homepage der Universität Regensburg. Das Projekt, für das die Geschichtsdidaktikerin Dr. Heike Wolter (Universität Regensburg) verantwortlich zeichnet, macht die Lebensentwürfe von Jüdinnen und Juden sichtbar und erzählt Lebensgeschichten von Menschen unterschiedlicher sozialer Hintergründe und regionaler Herkünfte ausgesprochen schülernah. Eindrucksvoll vermitteln die Materialien das Bild eines lebendigen, vielschichtigen jüdischen Lebens in Bayern vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten.
Neues Portal des HdBG zur jüdischen Geschichte in Bayern
Seit Februar 2022 bietet das Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) das Internetportal „Jüdisches Leben in Bayern” an. Neben Informationen über mehr als 350 jüdische Gemeinden und Synagogen in Bayern enthält das Portal eine Dokumentation von gut 200 jüdischen Friedhöfen und Gedenktafeln. Auf einer Landkarte können die einzelnen Orte angesteuert werden, sodass Schülerinnen und Schüler u. a. Einblicke in jüdische Geschichte und jüdisches Leben in ihrer Region gewinnen können.
Das Angebot, das sukzessive erweitert werden soll, bietet zudem eine Vielzahl von Zeitzeugenaufnahmen an, die sich ebenfalls für den Unterricht etwa im Fach Geschichte eignen.
Jüdische Gemeinden und Friedhöfe 1500 - 1820 auf dem Gebiet des heutigen Bayern
Im Rahmen des Projekts "Jüdische Geschichte in Räumen" an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt entstand eine interaktive Karte, die jüdische Siedlungsgeschichte auf dem Gebiet des heutigen Bayern zwischen 1500 und 1820 veranschaulicht. Bis auf Niederlassungen im Dreißigjährigen Krieg, die oft nur von kurzer Dauer waren, werden sämtliche in der Forschungsliteratur nachweisbaren jüdischen Ansiedlungen und Friedhöfe dieses Zeitraums erfasst. Dadurch, dass die Darstellung im Jahr 1820 endet, werden die Entwicklungen im Königreich Bayern - auch mit Blick auf das Bayerische Judenedikt 1813 und die damit zusammenhängenden Judenmatrikel - ebenfalls erfasst.
Die Karte, die auf der Homepage der Professur für Frühe Neuzeit und Vergleichende Landesgeschichte (Prof. Dr. Sabine Ullmann), abrufbar ist, eignet sich ausgesprochen gut für die Behandlung im Geschichtsunterricht, etwa im Zuge einer vertieften Kartenanalyse in der Oberstufe.
Eine hilfreiche Einführung in die Nutzung der Datenbank ist ebenfalls auf der Homepage des Lehrstuhls abrufbar.
Neuer digitaler Erinnerungsort zum Olympia-Attentat 1972
Vor fünfzig Jahren, am 5. September 1972, ereignete sich bei den Olympischen Spielen in München, die so heiter begonnen hatten, eine Katastrophe: Die Geiselnahme von 11 israelischen Sportlern durch die palästinensische Terrororganisation "Schwarzer September", die in einem Schusswechsel auf dem Flugplatz der Bundeswehr in Fürstenfeldbruck mit dem Tod aller Geiseln und eines Polizisten dramatisch endete, veränderte nicht nur den Blick auf die Olympischen Spiele, sondern auch auf die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur nachhaltig. Nachdem die Erinnerung an die Menschen, die auf grausame Weise ihr Leben ließen, erst nach und nach in der Öffentlichkeit stattfand, gibt es seit September 2022 auch einen digitalen Erinnerungsort, der die Geschehnisse des 5. und 6. Septembers 1972 eindringlich erzählt, mehrere Zeitzeugeninterviews einband - und einen digitalen Erinnerungsraum kreiert. Die Texte und die Konzeption des auch schulisch relevanten Angebots übernahmen die Historiker Dominik Aufleger, Anna Greithanner und Robert Wolff; das Projekt wurde u. a. vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus unterstützt.
Der Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU (verantwortlich: Julia Treindl und Daniela Andre) bietet zudem zahlreiche Interviews mit Zeitzeugen des Olympia-Attentats, die als Podcasts auch in den Geschichtsunterricht einbezogen werden können und unterschiedliche Perspektiven auf die Ereignisse aufgreifen.
Weitere für den schulischen Kontext interessante Angebote sind zudem
- "Olympia 72" ein digitales Storytelling auf der Seite der Bavariathek des Hauses der Bayerischen Geschichte
- Ausschnitte aus einer Diskussion zum Olympia-Attentat 1972 an der LMU u. a. mit Dr. Ludwig Spaenle (MdL) sowie den Autoren Roman Deininger und Uwe Ritzer (Video-Länge: 17 min) sowie
- der historische Live-Blog der Süddeutschen Zeitung zu Olympia 1972.
Digitale Dauerausstellung "Jüdisches Leben in Buttenwiesen"
Vom 16. Jahrhundert bis 1942 lebten jüdische Familien im schwäbischen Buttenwiesen. Über viele Jahrhunderte hinweg und in unterschiedlichen territorialen Zusammenhängen - der Markgrafschaft Burgau, dem Königreich Bayern und schließlich dem Deutschen Reich - lebten sie inmitten ihrer christlichen Nachbarn, mit denen sie durch vielfältige Beziehungen verbunden waren. Die neue digitale Dauerausstellung des Lernorts Buttenwiesen erzählt die Geschichte jüdischen Lebens an diesem Ort und bezieht dabei systematisch aufschlussreiche Quellen ein. Sie kann sowohl als Ganzes als auch abschnittsweise, gleichsam als lokale Mikrostudie, im Geschichtsunterricht einbezogen werden. Vier Räume charakterisieren wesentliche Abschnitte des Zusammenlebens: die Frühe Neuzeit (bis 1806), die Zeit der Emanzipation (1806 bis 1871), die Selbstbehauptung in schwieriger Zeit (1871 bis 1933) sowie die Phase von Diskriminierung, Flucht und Ermordung (1933 bis 1942).
Ein umfangreiches Begleitangebot, das sukzessive erweitert werden soll, ergänzt die Dauerausstellung, die von Dr. Johannes Mordstein und Bernhard Hof konzipiert wurde. Weitere Hinweise darauf enthält die Homepage des Lernorts Buttenwiesen, der u. a. vom Bezirk Schwaben sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus gefördert wird.
Lernzirkel zum Judentum in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen
Seit nunmehr zwei Jahrzehnten veranstaltet das Dossenberger-Gymnasium Günzburg einen ganz besonderen Lernzirkel. In der „Woche der Brüderlichkeit“, einer von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit alljährlich im März veranstalten Aktionswoche, schlüpfen die Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe in die Rolle der Lehrkräfte und bringen Viertklässlern (egal welcher Konfessions- oder Religionszugehörigkeit) aus dem gesamten Landkreis Günzburg jüdische Geschichte, Kultur und Religion nahe. In mehreren selbst gestalteten Lernstationen in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen sowie auf dem jüdischen Friedhof in Ichenhausen vermitteln die Schülerinnen und Schüler des Dossenberger-Gymnasiums den Viertklässlern in anschaulicher und greifbarer Weise Wissen über das Judentum im Allgemeinen sowie über die ehemalige jüdische Gemeinde in Ichenhausen im Besonderen. Im Jahr 2017 haben 133 Neuntklässler mehr als 1 000 Grundschülerinnen und -schüler aus mehr aus 26 Schulen durch den Lernzirkel geführt. Insgesamt haben bisher über 17 000 Schülerinnen und Schüler an dem Projekt teilgenommen. Für dieses Projekt wurde das Dossenberger-Gymnasium im Jahr 2016 von der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition mit dem Simon-Snopkowski-Preis ausgezeichnet.
Nähere Informationen erhalten Sie beim Dossenberger-Gymnasium unter der Tel. 08221/ 930440.
Einen Bericht über den Lernzirkel aus dem Jahr 2019 können Sie auf der Schulhomepage des Dossenberger-Gymnasiums einsehen.
13 Führerscheine. Dreizehn jüdische Schicksale - eine Ausstellung (P-Seminar des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels)
Ein unscheinbarerer brauner Umschlag, der im Februar 2017 im Keller des Landratsramtes Lichtenfels gefunden wurde, stand am Anfang des Projekts, befanden sich doch in ihm 13 Führerschene von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Lichtenfels. Auf deren Spuren begaben sich die Schülerinnen und Schüler des P-Seminars in der Folge, sie lasen zahlreiche Quellen zu den Biographien der Jüdinnen und Juden und recherchierten deren Lebenswege. Zudem gelang es den P-Seminaristen, in Israel, Argentinien und den USA Nachkommen von elf der 13 Führerscheinbesitzer ausfindig zu machen; zwei Familien wurden von den Nationalsozialisten ermordet.
Am Ende einer komplexen und vielschichtigen Recherche konzipierte das P-Seminar eine Ausstellung, die die bürokratischen Fundstücke in persönliche Schicksale und Biographien einwebt - und auf 19 Tafeln tiefe, beispielhafte Einblicke in Lebenswege jüdischer Bürgerinnen und Bürger erlaubt. Die Ausstellung wurde international breit rezipiert und ist vielfach preisgekrönt (u. a. mit dem Bayerischen P-Seminar-Preis 2019).
Die Ausstellung kann kostenfrei ausgeliehen werden; sie besteht aus 19 farbigen Tafeln à 85 cm x 200 cm als beleuchtete Roll-Ups auf Ständern, d. h. sie ist problemlos auf- und abbaubar. Zusätzliche Aufhängungsmöglichkeiten werden nicht benötigt. Wenn Sie Interesse daran haben, schreiben Sie an 13fs[at]meranier-gymnasium.de (Kontakt: StD a. D. Manfred Brösamle-Lambrecht).
Die Ausstellungstafeln und das Begleitbuch stehen auf der Homepage des Meranier-Gymnasiums auch als pdf-Dokument zum Download zur Verfügung, sodass sie auch im Unterricht entsprechend eingebunden werden können.